Buchbesprechung: Tyrannenkinder - Erziehungsplan

Unsere Gesellschaft hat sich im Umgang miteinander stark verändert. Von der autoritären Erziehung im vorigen Jahrhundert hin zur Erziehung mit Milde und Toleranz. Und das ist auch gut so. 
Doch manche Eltern sind aus Überzeugung oder Unfähigkeit in die antiautoritäre Erziehung abgedriftet. Sie wollen, statt zu leiten, ihre Kinder der Selbstregulation überlassen. Und diese Kinder, die es nicht gelernt haben, Regeln zu beachten, können später gravierende Probleme nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule und später im Beruf bekommen. Dieser Nachwuchs treibt uns dann essgestört, chillbewusst, leistungsverweigernd und verhaltensoriginell in die Resignation. Nicht wenige Eltern sehen sich im Verhältnis zum Kind lieber in der Rolle des Freundes/der Freundin und nicht in der Person, die leitet und Haltung gibt. In einem Teil unserer Gesellschaft läuft etwas falsch, die Kinder sind gut behütet, aber nicht wirklich auf die Zukunft vorbereitet. 
Der Psychotherapeutin und Buchautorin Martina Leibovici-Mühlberger, Mutter von vier Kindern, bereitet es Kopfzerbrechen, wenn sie sieht, was sich in ihrer Praxis so alles abspielt. 
Trotzdem glaubt sie, dass gerade diese Tyrannenkinder beim Bewältigen zukünftiger Herausforderungen zu den Besten gehören können.  Die richtige Erziehung setzt allerdings ein neues Menschenbild voraus. „Haltung beginnt damit, dass man sich die Rolle als Mutter oder Vater bewusst macht und erkennt, dass man die Verantwortung für das Kind trägt. Doch um diese Verantwortung tragen zu können, muss man sein Kind kennen, man muss sich die Autorität geben, selbst der Experte seines Kindes zu sein. Man braucht kein dreifaches Doktorat, um die Bedürfnisse seines eigenen Kindes erfassen zu können, sondern nur die Zeit, um mit dem Kind zusammenwachsen zu können. Diese Zeit muss man sich geben“, so die Autorin in einem Zeitungsinterview (Krone).
Leibovici-Mühlberger sieht im Tyrannenkind den wahren Dissidenten der herrschenden Gesellschaft, einem Kind, das lautstark den bestehenden Erziehungsnotstand durch sich selber Gestalt werden lässt und der Gesellschaft den Spiegel ins Gesicht drückt. Die Botschaft des Tyrannenkindes ist: Du gibst mir keine Führung, also bin ich nicht zu führen.
Die Autorin hat auch in Vorarlberg ihre Vorträge, die unterhaltsam, lehrreich und stellenweise kabaretthaft sind, zu diesem Thema gehalten. 
Schade, dass Frau Leibovici-Mühlberger wie auch Michael Winterhof in ihren Büchern diese Kinder als Tyrannen bezeichnen. Dies mag zwar gut für die Verkaufszahlen sein, doch als Pädagoge lehne ich solche Bezeichnungen für unsere Kinder ab.

Tyrannenkinder - Erziehungsplan
176 Seiten, ISBN: 978-3990012321
Preis: 24,90 €

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