Über den LehrerInnenberuf, Kritik an der Bildungspolitik und Forderungen

Sehr tolles VN-Interview mit Alexandra Loser, Vorsitzende der Vorarlberger LehrerInnengewerkschaft.

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"Der schönste Beruf, den es gibt"

von Klaus Hämmerle

BREGENZ Corona bestimmt wie für so viele andere Menschen auch das Leben der Lehrer. Anlässlich des montägigen Weltlehrertags wünscht sich Lehrergewerkschafterin Alexandra Loser in dieser Situation mehr Unterstützung für ihre Kollegen und beklagt die aufgezwungene Distanz zu den Schülern.

Inwiefern hat der Weltlehrertag für Sie eine besondere Bedeutung?

Loser Es ist ganz einfach der Tag für die Lehrer auf der ganzen Welt und dient zur Bewusstmachung der Aufgaben des schönsten Berufs, den es gibt. Den Weltlehrertag gibt es übrigens seit 1994.

Corona stellt auch den Schulbetrieb vor spezielle Herausforderungen. Was ist in Ihren Augen die größte?

Loser Die größte Herausforderung für uns Lehrer ist derzeit der Spagat zwischen Distanz und Nähe mit den Schülern, der uns aus Sicherheitsgründen aufgezwungen wird. Daraus resultiert eine ungewollte Kälte. Diese Distanz ist auch für die Lehrer-Lehrer- bzw. Schulleiter-Schulleiter-Kommunikation sehr belastend.

Sind Sie unter den gegebenen Umständen zufrieden mit dem Start ins neue Schuljahr?

Loser Nein. Die administrative Belastung für die Schulen ist enorm und die Belastbarkeitsgrenze schon fast erreicht. Nur weil jede Schule ein Krisenteam hat, sind die Schulen auf diese Ausnahmesituation nicht besser vorbereitet. Das Problem ist: Die Informationen wechseln ständig. Es bräuchte eine administrative Entlastung beim Corona-Krisenmanagement durch die Kommunen, damit bei Auftreten eines Coronafalles nicht gleich der gesamte Unterrichtsbetrieb in der betroffenen Klasse zusammenbricht. Positiv finde ich die Rückkehr zum Präsenzunterricht. Das ist wichtig für die soziale Kompetenz der Schüler und für den Lernerfolg.

Die Lehrer haben sich in der Coronakrise mit ihrem Einsatz zunächst viel Anerkennung verschafft, wegen des Streits um die autonomen Tage und der Diskussion um die pauschale Weiterbezahlung aller Überstunden aber wieder Kredit eingebüßt. Sehen Sie das auch so?

Loser Ich sehe das nicht so. Es gab da lediglich Hinweise auf die gesetzliche Lage. Die neue „Freiwilligkeit“ birgt viele Risiken, als Lehrer macht man ja eh alles zum Wohle der Schüler. Autonome Tage sind keine Urlaubstage. Sie werden oft für Aktivitäten wie Direktorstage oder Elternsprechtage bzw. Kinder-Eltern-Lehrergespräche verwendet.

Man wirft vielen Lehrern oft vor, in ihrer eigenen, wirtschaftlich abgesicherten Welt zu leben und sich nicht in die Welt von Menschen hineinversetzen zu können, die gerade jetzt existenzielle Sorgen haben.

Loser Stimmt so nicht. Die Lehrerinnen und Lehrer wissen, wie es „in der Welt da draußen“ zugeht. Sie sehen es täglich bei ihren Schülern. Sie nehmen wahr, wie groß die Ängste sind. Jobverlust und Armut sind Themen, welche die Kinder mit in die Schule bringen.

Wie beurteilen Sie die Bildungspolitik der aktuellen Regierung?

Loser Da weht ein eiskalter Wind. Vorschläge werden abgeschmettert. Es wird Schulpolitik gemacht, als ob es Corona nicht geben würde.

Was sind Ihre Wünsche als Lehrergewerkschafterin für die kommenden Jahre?

Loser Es sollten zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden, um die Schule und die Kinder zukunftsfit zu machen. Kürzungen bei Stundenkontingenten gehören gestoppt. Das Land Vorarlberg muss das Bildungsruder in die Hand nehmen und eigene finanzielle Zuschüsse leisten – auf den Bund darf man nicht warten. Es ist Zeit für die Umsetzung jahrelanger Forderungen: Unterstützungspersonal, administrative Entlastung, Doppelbesetzungen in Volksschulklassen, ein Ende des Bürokratiewahnsinns.

Wie haben Sie in Ihren neuen Job als Lehrergewerkschafterin hineingefunden?

Loser Der Start ist mir, so denke ich, gut gelungen. Es macht mir viel Spaß. Natürlich gibt es täglich neue Herausforderungen. Aber es bleibt spannend.

Zur Person

Alexandra Loser 

Die 45-jährige Lauteracherin gelangte als Quereinsteigerin zum Lehrberuf. Sie unterrichtet die Fächer Englisch und Haushaltskunde. Seit neun Jahren ist Alexandra Loser Lehrergewerkschafterin und löste Gerhard Unterkofler als Vorsitzende ab.


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